Geschichte der Erforschung Afrikas
In alter Zeit bildete die Landenge von Suez eine Art Brücke, auf der dei
Völker von Asien und Afrika kamen. Von hier aus wurde wahrscheinlich das Niltal
durch die Ägypter besiedelt. Auch die Araber haben diesen Weg genommen,
während die Phönizier zu Schiffe den Norden Afrika besuchten. Die Indier
besiedelten die Insel Sokotra, und die Hebräer befuhren dei Küsten des Roten
Meeres, die Karthager dei Nord- und Westküste Afrikas. Aber die vielleicht
ziemlich ausgebreiteten Kenntnisse, die diese Völker von verschiedenen Teilen
Afrikas erwarben, sind leider der Nachwelt verloren gegangen.
Ums Jahr 460 v. Chr. hat Herodot Ägypten und Kyrene bereist und dann was er
auf seiner Reise gesehen und über das sonstige Afrika gehört hat, in seinem
Geschichtswerk verwertet. Auch der große Geograph Strabo (1. Jahrhundert v.
Chr.) hat einen teil von Afrika persönlich kennen gelernt. Die Römer hatten in
Afrika eine blühende Provinz, und die christliche Kirche, die dort gegründet
wurde, hat die Verfolgungszeiten überstanden. Aber die Christenheit des
Mittelalters hat sich nicht um Afrika gekümmert, und es geriet allmählich in
Vergessenheit. So konnten nach dem Verfall des römischen Reichs die
mohammedanischen Araber und Türken ungehindert durch die offene Türe bei Suez
eindringen, Nord- und Ostafrika überfluten und mit Feuer und Schwert den Islam
verbreiten. An der Ostküste gelangten sie über den südlichen Wendekreis bis
zum Kap Corrientes, und ihre Niederlassungen blühten, bis die Portugiesen
erobernd nach Afrika kamen. Im Westen gelangten die Araber dauernd nur bis zum
Kap Nun, gegenüber den Kanarischen Inseln, im Innern ungefähr bis zum achten
Grad nördlicher Breite. Die Sahara und den Sudan haben sie ganz dem Islam
unterworfen. Die arabischen Reiche sind teilweise wieder untergegangen, aber
einige, wie Bornu, Bagirmi, Wadai, Sokoto u.s.w., bestehen heute noch.
Erst gegen Ende des Mittelalters fingen auch die europäischen Völker wieder
an, sich um Afrika zu kümmern. Im 13. Jahrhundert besuchte Marco Polo die
Küste von Ostafrika, und der Tätigkeit der italienischen Republiken Venedig
und Genua verdankt man Karten von Afrika aus dem 14. und 15. Jahrhundert.
Seit Anfang des 15. Jahrhunderts machten die Portugiesen, später besonders
auf Anregung des Infanten Heinrich des Seefahrers, ihre großen afrikanischen
Entdeckungen. Sie suchten einen Strom, auf dem man ostwärts nach Indien fahren
könnte, und entdeckten so den Senegal. Dann umschifften sie das Grüne
Vorgebirge, kamen an den Kongo und fanden die Walfischbai. Im Jahre 1487
umschiffte Bartolomeo Diaz das Kap der guten Hoffnung, und zehn Jahre später
entdeckte Vasco de Gama den Seeweg nach Ostindien. So waren also am Ende des 15
Jahrhunderts die Küsten Afrikas beinahe vollständig bekannt.
Im 17. Jahrhundert fing die katholische Kirche an, Missionare nach Afrika zu
senden, durch deren Reisen die Kenntnis des Landes erweitert wurde; auch begann
man um diese Zeit wissenschaftliche Reisen nach Afrika zu veranstalten. Damals
machte der große Kurfürst, dessen Gedanken seiner Zeit weit vorauseilten, den
Versuch, in Afrika festen Fuß zu fassen. Er gründete im Jahre 1682 an der
Küste von Guinea die brandenburgische Handelskolonie Groß - Friedrichsburg.
Das Unternehmen gedieh aber nicht, und die Kolonie ging nach kurzem Bestand
wieder verloren. Allerlei Reisewerke über Afrika, in denen freilich Wahres mit
Falschem gemischt war, entstanden im 17. und 18. Jahrhundert.
Einen Wendepunkt bezeichnet das Jahr 1788. In diesem Jahre wurde in London
die "Gesellschaft für Beförderung der Entdeckung der inneren Teile
Afrikas" gegründet. Die Gesellschaft hatte zunächst wissenschaftliche
Zwecke, verfolgt aber auch den Plan, dem englischen Handel neue Absatzgebiete zu
eröffnen. Damit kam Methode und Zusammenhang in die afrikanischen Reisen.
Zunächst schickte die Gesellschaft Forschungsreisende aus, die dem Lauf des
Niger nachspüren sollten. Einer der erfolgreichsten war der Schotte Mungo
Park, dem es, nachdem andere teils unverrichteter Sache zurückgekehrt,
teils unterwegs dem Klima erlegen waren, gelang, vom Gambia, also vom Westen
aus, den Niger zu erreichen und auch wieder wohlbehalten zurückzukehren. Seine
Reise hatte drei Jahre, von 1795 - 1797, gedauert. Obgleich die Quellen des
Niger erst 1879 entdeckt wurden, so war doch schon nach den Reisen Landers,
1830, der Lauf des Stromes der Hauptsache nach festgestellt. Sein
Mündungsgebiet ist mit dichtem Urwald bewachsen. Er hat eine Länge von 4160
Kilometer und ist der Hauptstrom Mittelafrikas. Den wichtigsten Nebenfluß des
Niger, den von Osten kommenden, im Innern des Hochsudan entspringenden Benue und
dessen Hinterländer hat der deutsche Reisende Flegel von 1879 - 1885 genauer
erforscht. Seit vom Jahre 1840 an die Franzosen Algier zu erobern begannen,
hatten die Forschungsreisenden einen Stützpunkt in Nordafrika, und verschiedene
Engländer benutzten dies, um weiter ins Innere einzudringen; doch gelangten sie
noch nicht bis in den Sudan.
Eines der ersten afrikanischen Länder, das wissenschaftlich erforscht wurde,
ist Abessinien, wo nicht nur von 1634 an bis etwa 1654 der Lübecker Jurist
Heiling als Missionar wirkte, sondern wohin auch im Jahre 1770 eine
Forschungsreise unternommen wurde.
Die Versuche, den Nil bis zu seinen Quellen zu verfolgen, waren in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreich, und wenn auch zunächst die Entdeckung
seines Ursprung nicht gelang, so kam man doch bis zum vierten Grad nördlicher
Breite. Mehmed Ali, der von 1805 - 1848 Statthalter von Ägypten war, hat bei
Gelegenheit seiner Eroberungszüge manches für die Erforschung des Nils
getan.
In Südafrika war das Kapland zuerst von Holländern besiedelt worden, dann
wurde es von England erobert; infolge dieser Eroberung zogen dei Holländer,
richtiger dei Buren, immer weiter nordwärts, und dadurch wurden neue Gebiete
erschlossen. Einzelne Reisende und Jäger machten von Süden aus Vorstöße ins
Innere, und Missionar Moffat drang bis ins Betschuanenland vor. Auch die
Ostküste wurde bereist, und im Jahre 1848 haben zwei deutsche Missionare, Krapf
und Rebmann (im Dienste der englisch- kirchlichen Missionsgesellschaft) zuerst
den Kilima-ndscharo und den Kenia gesehen und Erkundigungen über den großen
See im Innern eingezogen.
Für die Erforschung von Nordafrika war ums Jahr 1848 schon sehr viel getan.
Die Atlasländer waren mehr oder weniger bekannt; man wusste unter anderem auch
von zwei großen Wegen durch die Wüste. Der eine geht von Tasilet (eine Oase in
Marokko) nach Timbuktu am Niger, da wo dieser Strom den Küstensaum erreicht und
anfängt, eine Strecke weit ziemlich genau nach Osten zu fließen, ehe er die
Biegung nach Südosten macht; der andere von Mursuk, dem Hauptort der Oase
Fezzan in Tripolis, bis Kuka (der Hauptstadt von Bornu, am Tsadsee). Senegambien,
das Land zwischen Senegal und Gambia und Niger, war erforscht und der Niger
befahren. Der Senegal und der Gambia entspringen beide im Hochsudan und münden
an der Westküste, der Senegal nördlich, der Gambia südlich vom Grünen
Vorgebirge. In Nordguinea kannte man nicht nur die Küste, sondern auch Teile
des Hinterlandes. Südafrika war bekannt bis zum Limpopo und Kunene, und in
Ostafrika hat man die Bergriesen Kilima-Ndscharo und Kenia wenigstens von ferne
gesehen.
Mit dem Jahre 1849 beginnt wieder eine neue Periode der Afrikaforschung.
Soweit es sich um Nordafrika handelt, knüpft sie sich besonders an die Namen
der deutschen Reisenden Heinrich Barth (geb. in Hamburg 1821, Gest. in Berlin
1865), Gerhard Rohlfs (geb. 1831, gest. 1896) und Gustav Nachtigal (geb. 1834,
gest. 1885 bei Kap Palmas an der Küste von Liberia). Barth hat auf seiner
sechsjährigen Reise von 1849 - 1855 den westlichen Sudan aufs gründlichste
erforscht und dessen Topographie sowie die der Sahara begründet. Was Barth für
den westlichen, das hat Nachtigal auf einer sechsjährigen Reise (1869 - 1874)
auch für den östlichen Sudan geleistet. Es gelang ihm sogar, was noch keinem
Europäer geglückt war, bis nach Wadai, einem Negerreich im mittleren Sudan, zu
kommen. Zwei andere Reisende, Eduard Vogel und Noritz von Beurmann, hatten ihren
Versuch, in Wadai einzudringen, mit dem Leben bezahlt. Vogel wurde 1856 auf
Befehl des Sultans von Wadai getötet, Beurmann fiel im Jahre 1863 in Mao,
östlich von Tsadsee, durch Mörderhand. Rohlfs hat auf mehreren großen Reisen
Nordafrika und den Sudan in verschiedenen Richtungen durchzogen und einige
vorher nie von Europäern betretene Oasen der Sahara besucht. Er galt für den
besten Kenner Nordafrikas.
Heinrich Barth ist der erste Deutsch, der Afrika wissenschaftlich bereist
hat. Seit er als Student auf einer Ferienreise von Sizilien aus am fernen
Horizont die afrikanische Küste erblickt hat, ging seine Sehnsucht dahin,
Afrika kennen zu lernen. Im Jahr 1845 trat er, durch wissenschaftliche Studien
gut vorbereitet, seine erste Reise nach Nordafrika an. Er war damals benötigt,
sich in der Nähe des Meeres zuhalten, denn das Land war infolge von Abdel
Kaders Aufstand gegen die Franzosen sehr unruhig und ein Vordringen nach Süden
zu gefährlich. Aber auch in der Nähe der Küste war Barth in großer
Lebensgefahr. Er hatte eine kleine Kamelkarawane, zwei Führer und einige
Diener. Einmal wurde die kleine Karawane zwei Tage lang von bewaffneten Reitern
verfolgt- zuerst waren es drei, aber allmählich stießen noch vier dazu - die
sich unter allerhand Vorwänden und Betteleien immer wieder herbeidrängten und
auf Gelegenheit lauerten, Barth hinterlistig zu töten, um ihn berauben zu
können. Barth konnte nachts kein Auge zutun, sondern saß mit gespannter
Pistole in seinem Zelt. Endlich hieß es, die Räuber seien fortgeritten, und
todmüde sank Barth in Schlaf. Aber sie hatten sich nur zum Schein entfernt und
überfielen jetzt den Schlafenden. Barth und seine Diener wehrten sich, und es
gab Verwundungen auf beiden Seiten. Endlich zog die Karawane, nachdem Barth
seine Wunde etwas verbunden hatte, weiter; aber bald erschienen die Räuber
wieder, und der Kampf begann noch einmal. Mit dem Säbel in der Faust warf sich
Barth unter die Räuber, da trafen ihn zwei Steine im Nachen und er sank zu
Boden. Seine Leute waren teils geflohen, teils kampfunfähig, und die Räuber
jagten mit den Kamelen und Pferden und aller Habe Barths davon. Leider waren
unter dem Raub auch seine sorgfältig geführten Tagebücher. Verwundet, ohne
Wasser und Lebensmittel, war Bart ganz verlassen in der Wüste. Zum Glück waren
zwei leere Kamele stehen geblieben. Auf einem derselben gelangte er zu einem
armen Beduinenstamm, wo er aufgenommen wurde und sich kümmerlich von etwas
erbetteltem Mehl und Hanfsamen nährte. Endlich fand er Führer, denen er
versprach, sie in Alexandrien, das nicht mehr fern war, zu bezahlen. Mit noch
nicht geheilten Wunden, in zerlumpter arabischer Kleidung trat er in einen
europäischen Gasthof. Hier wurde für ihn gesorgt, seine Wunden heilten, und er
bekam Geld aus der Heimat. Sein Mut war nicht gebrochen. Er bereiste jetzt den
Nil, das Rote Meer, Arabien, das Heilige Land, Kleinasien und dei griechischen
Inseln, und kehrte dann nach Deutschland zurück.
Jene erste Reise war nur die Vorbereitung zu Barths epochemachender
Expedition in den Sudan. Im Jahr 1849 schickte sich der Engländer Richardson
an, die Sahara zu bereisen. Man wollte von England aus den Sudan dem
europäischen Handel erschließen und bei dieser Gelegenheit auch dem
Sklavenhandel zu Leibe gehen. Als Naturforscher ging der Deutsche Overweg, dem
König Friedrich Wilhelm IV. die Mittel zur Reise gab, mit, und Overweg veranlasste
Barth, sich anzuschließen. Dieser machte die Reise ganz aus eigenen
Mitteln.
In Tripolis, da wo der Wüstensand bis an dei Küste reicht, betraten die
Reisenden die Wüste. Die Oase Fezzan ist von einem breiten Wüstengürtel
umgeben. "Eine entsetzliche Nacktheit kennzeichnet diese Wüste; kein
Tropfen Wasser fließt; keine Pflanze grünt in ihr; kaum einen Brunnen findet
man. Ein ewig blauer Himmel, an dem die glühende Sonne jedes feuchte Wölkchen
verzehrt, liegt hier schwer über der öden, traurigen Landschaft, in der der
wie von Todesfurcht gejagte Mensch nur dann und wann als das fast einzige
lebende Wesen auftritt." Am 39. Tag der Reise kam die Gesellschaft in
Mursuk, dem Hauptort der Oase, an. Von da aus ging´s in westlicher Richtung
nach Rhat. Dort sieht man in der Ferne eine wilde, zerrissene Bergkette, die
mach dem Glauben des Volks eine von bösen Geistern bewohnte Burg ist, der sich
niemand zu nähern wagt. Barth und Overweg machten sich dahin auf den Weg. Als
Overweg, den die Kräfte verließen, umkehren musste, ging Barth allein weiter
und gelangte bis zu dem angeblichen Teufelsschloss, das aber nur aus Felsen und
Klippen bestand. Er bekam einen heftigen Fieberanfall und brachte ganz allein
eine fürchterliche Nacht zu. Am Morgen fand ihn ein Reiter, der ihm Wasser gab
und ihn zurückbrachte.
Auf der Weiterreise wurde die Karawane von Räubern überfallen, deren man
sich nur durch Bezahlung eines hohen Lösegeldes erwehren konnte. Die Karawane
zog nun immer weiter nach Süden, und in Tadschelel trennten sich die Reisenden
im Januar 1851, um jeder für sich Bornu zu durchforschen. Richardson stark
schon im März desselben Jahres. Overweg und Barth trafen sich wieder in der
Nähe des Tsadsees, beide in großer Geldverlegenheit. Der Tsadsee nimmt
verschiedene große Ströme auf, hat aber keinen Abfluss. Er verändert seinen
Wasserstand fortwährend, und infolge davon ist die Gegend oft sumpfig und sehr
ungesund.
Barth machte nun Kuka, dei Hauptstadt Bornus, zu seinem Hauptquartier und
erforschte von da aus die Länder südlich und nördlich vom Tsadsee. Bei einer
dieser Reisen entdeckte er den Benne. Als er einmal, ziemlich geschwächt vom
Fieber, wieder nach Kuka kam, fand er dort Briefe aus der Heimat und für 200
Mark Waren, die man ihm nachgeschickt hatte. Die Waren werden aber in jenen
Ländern oft nicht mit Geld, sondern mit Sklaven bezahlt; da Barth doch kein
Sklavenhändler werden wollte, musste er vieles unter dem Wert hergeben und kam
so bald wieder in Not. Um noch ein südlich vom Tsadsee gelegenes land kennen zu
lernen, schlossen sich die Reisenden dem Sultan von Bornu an, der auf eine Sklavenjagd
auszog. Sie bemühten sich während der Reise vergeblich, ihn von seinem
schändlichen Plan abzubringen. So wurden sie Zeugen unerhörter Greulszenen.
3000 Sklaven, meistens Freuen und Kinder, schleppten die Schua - so heißen die
Bewohner von Bornu - mit heim. Die Männer des Negerstammes, den sie überfallen
hatten, waren meistens hingeschlachtet worden.
Im März 1852 brach Barth allein, nur von zwei Dienern begleitet, nach
Bagirmi auf. Diese Reise war besonders gefährlich, da man damals dort alle
Fremden für Spione hielt. Man wollte ihn gar nicht über den Grenzfluss, den
Schari, lassen, und als er glücklich drüben war, wurde er einmal plötzlich
überfallen und in Ketten gelegt. Mehrere Tage lag er so in seinem Zelt, dann
auf einmal ließ man ihn frei und gab ihm auch die Sachen wieder, die man ihm
genommen hatte. einmal machte er sich durch seine Wetterbeobachtungen
verdächtig, und der Statthalter ließ ihn fragen, ob es wahr sein, dass er den
Wolken verbiete, zu regnen. Als Barth antwortete, das könne nur Gott, war der
Statthalter beschämt und sandte ihm Lebensmittel.
So war Barth in Bagirmi, aber nun konnte er nicht wieder heraus, man ließ
ihn nicht fort; er musste warten, bis der Sultan von einer Sklavenjagd
heimkehrte. Dieser hatte allerhand Merkwürdiges über Barth gehört. Man nannte
ihn den Nabelprinz, weil er Nähnadeln zu verschenken hatte, oder den
"Vater der Drei", weil der merkwürdige Mann in dem Lande, wo alles barfuss
ging, nicht zur Schuhe und Strümpfe, sondern auch noch Überschuhe trug. Der
Sultan war freundlich, ließ Barth ziehen und gab ihm sogar ein
Abschiedsgeschenk in Gestalt von 50 Hemden. Barth kehrte nach Kaka zurück, wo
er wieder Briefe und Hilfsmittel fand. Seinen Reisegefährten aber traf er sich
krank und musste ihn bald darauf sterben sehen.
Barth hatte nun den Plan, die Länder der Fulbe und Fellata zu bereisen, der
Völker, die sich durch hellere Farbe, schlankere Gestalten und eigene Sprache
von den eigentlichen Negern unterscheiden. Sie sind tatkräftige, begabte
Menschen und dabei fanatische Mohammedaner. Seit dem Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts drangen sie erobernd vor, verbreiteten den Islam und die
mohammedanische Zivilisation und gründeten mehrer Staaten, wie Sokota, das
jetzt unter französischem Schutz stehende Futa Dschallon, Futa Toron, Massina.
Die Zahl der Fulbe beträgt 6 - 8 Millionen.
Immer nach Westen reisend durchzog Barth verschiedene dieser Staaten, und im
Juni 1853 erreichte er endlich Day, eine Stadt am rechten Ufer des Niger. An dem
Strom abwärts ziehend, kam er nach Timbuktu. Hätten die Bewohner gewusst, daß
Barth ein Christ sei, er wäre nicht lebend in die Stadt gekommen. Zum Glück
gewann er einen Freund und Beschützer an dem edlen Araber Scheikh El Bakay, dem
geistlichen Oberhaupt der Stadt. Dieser nahm ihn in sein Haus auf und
beschützte ihn gegen die fanatischen Einwohner, die dem Christen nach dem Leben
trachteten. Barth konnte sich nie auf den Straßen sehen lassen und nur von der
Terrasse des Hauses aus zuweilen die Stadt und das Treiben darin beobachten. Vor
Barth waren nur zwei Europäer, ein Engländer und ein Franzose, nach Timbuktu
gekommen und der Engländer, Major Laing, war unter den Händen eines
Meuchelmörders gefallen. Timbuktu liegt 10Kilometer nördlich vom Niger. (Die
Hafenstadt, die am Strome selbst liegt, heißt Kabara.) Es hat 20 000 Einwohner
und ist eine altberühmte Handelsstadt, der Zielpunkt der Sudan- und
Marokkokarawanen. Oft strömen zehntausend Fremde hier zusammen. Die
Handelsartikel sind: Gold, Salz, Kolanüsse, Gummi und Elfenbein. Die Stadt
wurde um 1100 von den Tuareg gegründet. Sie liegt in dem jetzt französischen
Teil des Sudans und wurde 1893 von den Franzosen besetzt. Barth konnte in
Timbuktu keine Nacht ruhig schlafen und einmal erkrankte er infolge einer
Vergiftung. Endlich gelang es El Bakay, ihn aus der Stadt zu bringen. Der
wackere Scheikh begleitete ihn nigerabwärts bis Gogo am Niger, der jetzt
verfallenen Hauptstadt des einstigen Sonrhaireiches. (Die Sonrhai sind ein durch
die Fulbe besiegtes und unterjochtes Negervolk.) Während der Reise erforschte
Barth den Lauf des mittleren Niger. Nach dem Abschied von seinem Freunde zog er
auf seiner alten Straße weiter. Einmal war er mit seinem Diener etwas
vorausgeritten, als er plötzlich einen Mann auf sich zukommen sah, an dessen
weißer Gesichtsfarbe er glich merkte, dass er eigentlich nicht in die
orientalische Kleidung gehörte. Es war Dr. Vogel, den man aus Deutschland
gesandt hatte, um Barth aufzusuchen und zu unterstützen. Vogel war schon in
Bornau gewesen und hatte dort gehört, Barth sei gestorben, und diese Nachricht
hatte sich dann auch in Europa verbreitet. Sie konnten jetzt nur kurze Zeit
beieinander sein, da Vogel schon einen andern Reiseplan hatte, aber im Januar
1855 trafen sie in Kuka noch einmal zusammen. Endlich am 9. Mai verließ Barth
Bornu und man durchreiste zum letztenmal die Wüste. Ende Juli kam er nach
Tripolis. Als er der Stadt nahte, wo er sich am Ende seiner Gefahren hoffen
konnte, und als er zum erstenmal wieder das Meer erblickte, da fühlte er sein
Herz so voll von Dankbarkeit, dass es ihm war, als müsste er vom Pferde steigen
und am Meeresufer Gott für seine Errettung danken. Er eilte nach Europa und
wurde im Vaterland mit Freuden aufgenommen und reich geehrt. Er schrieb nun sein
großes Werk "Reisenund Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika während
der Jahre 1849 - 1855", ein Werk, das die Grundlage für die Kanntnis des
westlichen Sudans bildet. - Barth wurde später Professor an der Berliner
Universität, als Nachfolger des großen Geographen Ritter, dessen begeisterter
Schüler er einst gewesen war. Er hat auch später noch größere Reisen
gemacht, aber den afrikanischen Boden hat er nicht wieder betreten. Seine
Verdienste um Erd- und Völkerkunde sind ungeheuer. Als Moritz von Beurmann
ausgesandt wurde, um Vogel aufzusuchen, machte Barth ihm den Reiseplan, und den
Reisenden von der Decken, der in Ostafrika reiste, unterstützte er mit Rat und
Tat. Auch von der Decken ist wie Beurmann durch Mörderhand gefallen. Barth
starb nach kurzer Krankheit, erst 44 Jahre alt, am 25. November 1865.
Eine Frage, die die Wissenschaft besonders beschäftigte, war die des
Oberlaufs und der Quellen des Nil. Unter den Erforschern jener Gebiete ist
besonders Georg Schweinfurth (geb. 1836) zu nennen, der zwar nicht nach den
Nilquellen selbst suchte, aber bei einer Reise, die er 1869 antrat, bis tief ins
Herz von Afrika kam, und - allerdings ohne es zu wissen - die Wasserscheide
zwischen Nil und Kongo überschritt. Er durchreiste die Länder der Schilluk,der
Kinka und anderer Negerstämme, drang ins Land der Niam-Niam und - als erster
Europäer - ins Land der Manguttu. Die Niam-Niam und die Mangbuttu lernte er als
arge Menschenfresser kennen. obgleich sie sonst nicht zu den niedrigsten
stehenden Negerstämmen gehören. Sowohl die Niam-Niam als die Mangbuttu sind
ziemlich hellfarbig. Beide Völker treiben Ackerbau und sind sehr geschickt in
der Verfertigung von Geräten und Waffen, verstehen sich auch auf die
Bearbeitung des Eisens.
In dem oberen Nilgebiet zwischen dem Albertsee und dem ägyptischen Sudan
lernte Schweinfurth eine Anzahl von dunkelfarbigen Stämmen kennen, die den
echten Negern sehr ähnlich sind. Dahin gehören z.B. die Dinka, die Schilluk,
die Nuer usw. jene Gegenden waren damals sehr stark bevölkert, sind aber
seither durch die Raubzüge der Chartumer Sklavenhändler verwüstet worden. Dei
Obernilstämme betreiben Ackerbau, Viehzucht, Jagt und Fischfang.
Doch kehren wir wieder zu der Erforschung des Nils zurück. Die Entdeckung
seines Ursprungs knüpft sich an die Namen der englischen Reisenden Burton,
Speke, Grant und Baker. Burton und Speke traten im Juni 1858 von Sansibar aus
eine Reise nach Innerafrika an, bei der sie 1858 den Tanganjikasee entdeckten.
Als Burton seiner Gesundheit wegen umkehren musste, ging Speke allein weiter und
erreichte das Südufer des Uferewe- oder Viktoriasees, den er schon damals für
die Hauptquelle des Nil erklärte. Damit war auch festgestellt, dass der aus dem
Viktoriasee fließende Weiße Nil der Hauptstrom ist. Es mußte jetzt nur noch
die Stelle, wo der Nil aus dem See tritt, gesucht und sein Lauf bis 3Grad 34
Minuten nördlicher Breite festgestellt werden. So weit war nämlich inzwischen
der Reisende Miani gekommen. Diese Aufgabe löste Speke auf einer Reise, die er
mit Grant 1860 antrat. Grant begab sich dann nach Uganda und weiter nordwärts,
während Speke im Juli 1862 auf den Nil stieß und ihn bis zu seinem Austritt
aus dem Viktoriasee verfolgte. Im Jahre 1894 entdeckte Samuel Baker den
Albertsee, den zweien Quellsee des Nil. Damit war das alte Rätsel gelöst.
Im Jahre 1849 tritt in die Reihe der Forschungsreisenden der Missionar David
Livingstone. Er hat seine großen Reisen ganz für die Sache der Mission
gemacht, hat aber als einer der ersten Kenner des Landes und Volkes von Afrika
auch der Wissenschaft unschätzbare Dienste geleistet. Von seiner Station
Kolobeng am Limpopo aus drang er im Jahr 1849 nordwärts ins Innere vor und
entdeckte den Ngamisee. In den Jahren 1851 . 1856 fand er dann auf verschiedenen
Reisen zuerst den Liambai, d.h. den oberen Sambesi, dem er stromaufwärts bis
zur Grenze der Schiffbarkeit folgte. Dann zog er zu Lande weiter bis an dei
Quellflüsse des Kassai, eines Nebenflusses des Kongo. Immer westwärts reisend,
erreichte er Ende Mai 1854 Loanda an der Westküste. Nun beschloss er auf dem
gleichen Weg zurückzukehren. Er folgte dem Lauf des Sambesi abwärts, entdeckte
die Viktoriafälle und erreichte im Mai 1856 Quilimane an der Ostküste. So war
der Sambesi entdeckt und zum erstenmal Afrika von Westen nach Osten von einem
Manne der Wissenschaft durchreist worden. Die Entdeckungen Livingstones lenkten
die Blicke der Forscher nach Südafrika und zogen eine Reihe von weiteren Reisen
nach sich. So wurde der Kunene erforscht und sein Lauf festgestellt. Livingstone
selbst berichtigte und vervollständigte auf einer zweiten Reise die ansichten
über den Lauf des Sambesi. Von diesem Strom aber führte der Weg nordwärts in
das Seengebiet. Schon 1858 zog Livingstone mit einigen Begleitern den Schire,
einen nördlichen Nebenfluss des Sambesi, hinauf und entdeckte 1859 zuerst den
Schirwa- und dann den Njassasee. Auch in den Jahren 1861, 1863 und 1866 besuchte
er diesen See, der schon 1868 von einem Dampfer befahren wurde.
So wurden der Reihe nach die Stromgebiete des Nigers, des Nils und des
Sambesi erforscht, aber der gewaltigste Strom Afrikas, der Kongo, harrte noch
seines Entdeckers. Die Mündung deshalben zwar hatten schon im 15. Jahrhundert
die Portugiesen befahren, und verschiedene Reisende, so auch Livingstone, kamen
an seine Quellflüsse, aber von seinem Lauf kannte man nur die unterste Strecke.
Livingstone war bei seinen Reisen 1868 und 1869, auf denen er den Moero- und den
Bangweolosee entdeckte, an den Luapula gekommen und hatte die Vermutung
ausgesprochen, dass dies der Quellstrom des Kongo sei. Dann verging Jahr und
Tag, ohne dass man von ihm hörte, und da man um sein Schicksal besorgt war, gab
der Besitzer des "New York Herald", Gordon Bennett, Stanley den
Auftrag, Livingstone aufzusuchen. Henry Morton Stanley (geb. 1840 in Wales) zog
1871 von Sansibar ins Innere.
Fast hätte diese Reise mit seinem Untergang geendet. Er ließ sich
verleiten, mit den arabischen Einwohnern von Unjanjembe an einem Kriegszug
teilzunehmen, seine Partei wurde aber geschlagen und er selbst nur durch die
Treue seines arabischen Dieners gerettet. Die Reise in jenen Gegenden östlich
von Tanganjikasee war überhaupt gefährlich wegen der Araber, die bis jetzt
hier allein Handel getrieben hatten und keinen Wettbewerb begehrten; die auch
außerdem fürchteten, ihr schändliches Gewerbe, der Sklavenfang und -handel,
könnte ihnen gelegen werden, wenn Europäer in die Gegend kämen. Sie
verschuldeten es, dass Stanley von allen seinen Trägern und Führern verlassen
wurde. Doch gelang es ihm, sich neue Leute zu verschaffen, und endlich langte er
in Udschidschi am Tanganjikasee an. Unterwegs schon hatte er Livingstones Diener
getroffen und von ihm erfahren, dass sein Herr noch in Udschidschi sein. Um auf
die Eingeborenen einen achtungsgebietenden Eindruck zu machen, gestaltete
Stanley seinen Einzug möglichst prunkvoll. Das Volk strömte in Scharen heraus,
um den Fremdling zu sehen. Da gewahrte er unter einer Gruppe von Arabern einen blass
aussehenden, weißen Mann mit grauem Bart, der sich auch durch seinen Anzug von
den andern unterschied. Das konnte niemand anders als Livingstone sein, und
Stanley wollte schon auf ihn zueilen und ihn umarmen, als ihm noch im rechten
Augenblick einfiel, dass die umstehenden Araber einen solchen Gefühlsausbruch
für höchst würdelos halten würden. So schritt er stolz und würdevoll auf
Livingstone zu, zo den Hut und sagte: " Dr. Livingstone, nicht wahr?"
und ebenso höflich antwortete dieser mit einem einfachen "Ja". Erst
ein paar Stunden später, als die beiden Männer einen waren, konnten sie sich
ungehemmt der Freude dieses Zusammentreffens hingeben.
Sie reisten dann miteinander um den See und nahmen ihn auf. Livingstone
machte nun noch neue Nachforschungen auf der Wasserscheide zwischen Nil und
Kongo, denn er hatte sich überzeugt, dass die von ihm entdeckten Flüsse
Luagula und Lualaba dem Kongosystem angehören mussten. Am 1. Mai 1875 fanden
ihn seine treuen Diener am Bette kniend - tot. Es war in Tschitambos Dorf Jlala
am Bangweolosee.
Noch immer war die Kongofrage nicht gelöst. Livingstone und ebenso ein
anderer Engländer, Cameron, hatten versucht, von Njangwe am Lualaba aus
stromabwärts zu fahren und so den Zusammenhang mit dm Kongo festzustellen, aber
dei Versuche scheiterten an dem Widerstand der arabischen Sklavenhändler in
jener Gegend. Diese Frage zu lösen war Stanley vorbehalten. Nachdem er 1875 den
Viktoriasee erforscht hatte, reiste er weiter ins Innere, erreichte Njangwe und
setzte es durch, dass ihm der Sklavenhändler Tuppu-Tipp Kähne zur Weiterreise
lieferte. Der Kongo ist wegen seiner Stromschnellen schwer zu befahren; zu den
bedeutendsten dieser Stromschnellen gehören die sogenannten Stanleyfälle am
Äquator und die Jellalafälle am Unterlaufe des Stromes. Stanley fuhr unter
ungeheuren Schwierigkeiten auf dem Lualaba, der sich als ein Quellfluß des
Kongo erwies, und weiter auf dem Kongo selbst stromabwärts und erreichte im
August 1877 Boma am Unterlaufe des Stromes. Jetzt erst waren die einzelnen
Forschungsergebnisse zu einem Ganzen zusammengefügt; man übersah nun erst das
ungeheure Stromsystem des Kongo und sein Verhältnis zu dem des Nils. Von den
anderen Reisen Stanleys ist am bekanntesten die, dei er zur Aussuchung Emin
Paschas machte. Der Kongo nimmt, nachdem er schon ein Stück weit südwärts
geströmt ist, von Osten her einen bedeutenden Nebenfluß, den Uruwimi oder
Jturi auf. Da der Uruwimi in ziemlich gerader Richtung von Osten nach Westen
strömt, unternahm es Stanley, an diesem Strom aufwärts nach Osten
vorzudringen. Er hat diese Reise durch den fürchterlichen Urwald in seinem Buch
"Im dunkelsten Afrika" geschildert. Abgesehen von der Mühsal des Wegs
haben Stanley und seine Begleiter auf dieser Reise ganz besonders durch Hunger
gelitten. Nach einem halbjährigen Marsche errechte er den Albertsee, fand Emin
Pascha und traf mit diesem im Dezember 1889 in Bagamoyo ein.
Es ist nicht möglich, auch nur die bedeutendsten Afrikareisenden und ihre
Entdeckungen aufzuzählen. Wir nennen noch: Theodor von Heuglin (1824 bis 1876).
Er bereiste von 1850 - 1855 Abessinien und Ägypten, 1858 die Küstenländer am
Roten Meer und leitete 1861 eine Expedition zur Aufsuchung Vogels.
Wilhelm Junker (1840 - 1892), der 1876 - 1878 die Nilländer bereiste,
unternahm 1879 eine Reise zur Erforschung des Uelle oder Ubangi (rechtsseitiger Nebenfluss
der Kongo) und des Nepoko (Nebenfluss des Uruwimi), wurde 1883 durch den
Aufstand des Mahdi von allem Verkehr mit Europa abgeschnitten und fand eine
Zeitlang bei Emin Zuflucht. Im Jahre 1886 erreichte er glücklich Sansibar.
Paul Reichard, geb. 1854, begleitete 1880 eine deutsche Expedition
nach Ostafrika, reiste über Uganda zum Tanganjikasee, von dort zum Lualaba und
nach Katanga. 1885 kehrte er als einziger Überlebender der Expedition nach
Deutschland zurück.
Hermann von Wißmann, geb. 1853, wurde, nachdem er verschiedene Reisen
in Afrika (darunter eine im Auftrag des Königs der Belgier) gemacht hatte, zum
deutschen Reichskommissar ernannt und unterdrückte als solcher 1889 - 1890 den
Aufstand in Deutsch - Ostafrika, wo er dann von 1895 - 1896 Statthalter
war.
Karl Peters, geb. 1856, gründete in Berlin die Gesellschaft für
deutsche Kolonisation und erwarb für sie 1884 Besitzungen in Ostafrika,
begründete auch die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft; 1889 unternahm er
einen Zug zur Rettung Emins, den er aber schon auf dem Rückweg zur Küste traf.
1891 - 1892 war er Reichskommissar in Ostafrika und stellte dort die deutsch -
englische Grenze fest.
Dr. Hans Meyer, geb. 1858, hat sein 1887 wiederholt Ost- und
Westafrika bereist und 1889 die erste Besteigung des Kilima-ndscharo
ausgeführt.
Was die afrikanischen Inseln betrifft, so sind Madeira, die Kanaren und die
Inseln des Grünen Vorgebirgs genügend bekannt; auf St. Helena, Ascension und
Tristan da Cunha, den fern im Ozean gelegenen Inseln, sind keine Entdeckungsreisen
zu machen. Auch die Komoren, Reunion und Mauritius sowie die Inseln der Ostküste
sind durchforscht. Dagegen sind die Inseln des Golfs von Guinea im Innern noch
wenig bekannt, und in Madagaskar ist noch viel unerforschtes Land. Auf der Insel
Sokotra sind Forschungen gemacht, die sich aber mehr auf das Land als auf die
Leute bezogen haben, da ihnen wegen ihrer feindseligen Haltung bis jetzt nicht
beizukommen war.
Wenn man die Karte Afrikas betrachtet und sieht, wie bis ins Innerste hinein
die Länder durch ihre Färbung als einer europäischen Macht zugeteilt
erscheinen, sollte man denken, die Zeiten, wo ein europäischer Reisender wie
der unglückliche Dr. Vogel auf Befehl eines afrikanischen Tyrannen hingerichtet
werden kann, seien für immer vorbei. Dass dem nicht so ist, beweist das
Schicksal einer französischen Expedition, die in handelspolitischer Absicht den
Weg zum Tsadsee einschlug. Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war
es dem Schiffsfähnrich Gentil gelungen, mit einem Dampfer den Schari bis
zum Tsadsee hinunterzufahren, freundliche Beziehungen mit dem Sultan von Bagirmi
anzuknüpfen und geographische Aufnahmen zu machen. In seinen Fußstapfen folgte
nun die französische Mission unter de Béhagle. Aber inzwischen hatte sich
Rabeh, der Thronräuber von Bornu, auf Bagirmi geworfen und den Sultan
vertrieben. Diesem Rabeh fiel Béhagle in die Hände, und es heißt, der Sultan
habe ihn verhungern lassen. Nicht besser ging es einer zweiten Expedition unter
Gentil und Bretonnet. Dieser war dem Kommandanten Gentil etwas vorausgegangen;
er wurde im August 1889 bei Togbau in der Nähe des Schari von Rabeh angegriffen
und mit seiner Mannschaft vernichtet, ehe ihm Gentil zu Hilfe kommen
konnte.
Neue Aufschlüsse über das Hochland am untern Sambesi, wo man jetzt das
Goldland Ophir gefunden zu haben glaubt, haben in den letzten Jahren die Reisen
von Dr. Schlichter und Karl Peters gebraucht. Schon der Württemberger Karl
Mauch (geb. 1837, gest. 1875) hat auf seinen Reisen in Südostafrika (1863 bis
1872) in jenem Landstrich Goldfelder und die merkwürdigen Ruinen von Zimbabye
entdeckt und hier die Kulturreste des alten Ophir vermutet. In den achtziger
Jahren machte der englische Altertumsforscher Bent dort Untersuchungen und
erklärte es für wahrscheinlich, dass die Ruinen semitischen Ursprungs feien.
Schlichter hat nun noch neue Ruinen und an diesen auch Spuren eines alten
Sternenkultus entdeckt. Es ist jetzt jedenfalls sehr wahrscheinlich, dass das
rätselhafte Ophir in jenem Bergland mit seinen merkwürdigen Ruinen zu suchen
ist.
Im Jahre 1899 ist der zweitgrößte der afrikanischen Schneeberge, der Kenia,
im 50. Jahre nach seiner Entdeckung durch Missionar Krapf, von dem Oxforder
Professor Mackinder erstiegen worden. Es waren schon früher Versuche gemacht
worden, den Berg zu ersteigen, aber die Reisenden waren nie bis zum Gipfel
gelangt.
Mackinder machte sich mit noch drei Begleitern und zwei Schweizer
Alpenführern auf den Weg. Mit der Ugandabahn fuhr man bis Marobi, 130 Kilometer
südlich vom Kenia. Dort wurde eine Karawane zusammengestellte. Am 28. Juli
brach man 170Mann stark auf und gelangte nach einem beschwerlichen Marsch durch
meistens unbekanntes Land am 15. August an den oberen Sagana, wo Mackinder am
Südwestabhange des Kenia, fast unmittelbar am Äquator, sein Lager aufschlug.
Am 19. begann er mit den beiden Führern den ersten Versuch, und zwar an der
Westseite des Berges. Drei Tage zog man durch einen Wald, der nur von
Elefantenpfaden durchzogen ist und wo man sich oft mit Axt und Buschmesser den
Weg bahnen musste. Als man 4200 Meter Höhe erreicht hatte, wurde Mackinder ins
Lager zurückgerufen, wo die Lebensmittel ausgegangen waren. Er traf die
nötigen Anordnungen und begann am 30. August die zweite Besteigung, bei der er
5130 Meter erreichte, aber dann vor einer Felswand Halt machen musste. Aber
diese Nacht schreibt er: "Erst um 10 Uhr begann der Ostwind, der bis dahin
in den Spalten der Felswand hinter uns gestöhnt und gekreischt hatte, uns zu
fassen und mit Schlägen kalter Luft zu packen, so dass uns die Knie zitterten
und wir uns eng aneinander schmiegten. Der Himmel war wolkenlos, und die Sterne,
die unbeweglich wie Lampenlichter schienen, verbreiteten Helle genug, um uns die
kleinen Seen des Zweitarn-Col im Westen vor uns zu zeigen. Um 3 Uhr ging der
Mond auf, der sein kaltes Licht auf das Wolkendach von Kikuju warf und den
im Schatten fünfzehn Fuß unter uns liegenden Darwingletscher
erhellte." Am nächsten Morgen versuchte man den Aufstieg zum Gipfel,
aber eine diesen durchsetzende Spalte verlegte den Weg. So musste Mackinder ein
zweites Mal umkehren. Am 12. September endlich, beim dritten Versuch, gelang es,
den Gipfel zu erreichen. Er nahm einen noch westlicheren Weg über den
Darwingletscher, wobei man viele hundert Stufen ins Eis hauen musste. Am 13.
September stand der Reisende auf dem höchsten Gipfel, der damals schneefrei
war. Er konnte nur die allernotwendigsten Messungen vornehmen und musste dann
umkehren, um nicht von den nachmittags einsetzenden gefährlichen Stürmen
überfallen zu werden. Die Höhe des bedeutendsten der drei hohen Gipfel des
Berges hat Mackinder auf 5520 Meter festgestellt; der Kenia ist also ungefähr
700 Meter höher als der Montblanc. Die beiden höchsten Gipfel möchte
Mackinder Batian und Relion nennen, nach zwei sagenhaften Häuptlingen des
Massaistammes, der seinen Ursprung mit dem Kenia in Verbindung bringt. früher
ein Vulkan, der Krater ist aber jetzt eingestürzt. Der Berg hat mehrere
Gletscher; alte Moränen zeigen, dass die Vergletscherung früher noch stärker
war und viel weiter herunterreichte. Man kann also annehmen, dass das Klima
Ostafrikas jetzt wärmer ist als früher. Der Name Kenia bedeutet Nebel und ist
bezeichnend für den Berg, der sehr oft ganz in Nebel gehüllt ist.
Wir sehen aus der obigen Schilderung, dass Bergbesteigungen in Innerafrika
unter etwas andern Bedingungen vor sich gehen als bei uns. Die Gletscherzone
beginnt auf diesen in der Nähe des Äquators gelegenen Bergen in viel
größerer Höhe, als z.B. irgendwo in den Schweizer Alpen, um Kenia bei
ungefähr 4400 Meter, und dies macht dei Besteigung eines afrikanischen Berges
viel leichter. Andrerseits aber müssen die Wege erst neu gesucht werden. Wie
wenig Hilfsmittel in der Umgegend des Berges zu finden sind, sehen wir schon
daraus, dass Mackinder für die Reise zu dem Kenia und den mehrwöchigen
Aufenthalt in dessen nächster Nähe einer ganzen Karawane von Trägern
bedurfte. Wohl hat man in Ostafrika schon wiederholt Versuche mit der
Einführung von Reiteseln gemacht, und einige Reisende haben diese Tiere auch
mit Erfolg benutzt; im ganzen aber ist damit doch nicht viel erreicht worden.
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