Deutsch - Ostafrika
Schon in den älteren Zeiten traten die asiatischen Kulturvölker in
Verbindung mit den Bewohnern der ostafrikanischen Küste, die von Asien aus
verhältnismäßig leicht zu erreichen war. Im Westen des an der Küste von
Mosambik liegenden Sofala hat man merkwürdige Ruinen gefunden, wahrscheinlich
die Überreste der von Salomos Ophirfahrern angelegten Kolonien. Ein lebhafter
Handel würde vor allem von Arabern nach Ostafrika betrieben, besonders seit sie
den Islam angenommen hatten. Doch haben sie nicht wie in Nordafrika im Innern
große Reiche gegründet, sondern nur an der Küste ihre Herrschaft
ausgebreitet. Sie haben sich vielfach mit den Eingeborenen vermischt, aber nur
die Küstenbewohner, die von den Sklaven der Araber abstimmenden Suaheli, haben
den Islam angenommen. Vielleicht hätte sich dies von Ende des 15. Jahrhunderts
an geändert, als die Araber, jetzt im Besitz von Feuerwaffen, siegreich weiter
ins Innere vordringen, aber nur erschienen die Portugiesen an der Küste
Ostafrikas. (Vasco da Gama landete 1498 in Mosambik.) Es gelang ihnen, den
Arabern die Städte an der Ostküste zu entreißen, aber ein großes,
friedliches, innerafrikanisches Reich zu gründen, waren sie nicht imstande.
"Die Geschichte der portugiesischen Kolonisation bieten ein trauriges Bild.
Welcher Segen hätte von dieser christlichen Macht ausgehen können, wenn sie in
den friedlosen afrikanischen Ländern hätte Sicherheit für Leben und Eigentum
schaffen wollen, wenn sie wahrhaft christliche Kultur hier gepflanzt hätte!
Aber Portugal zeigte sich unfähig, die ihm hier gestellte große Aufgabe zu
erfüllen. Es fehlte ihm die sittliche Kraft, die zur Erreichung von dauernden
Erfolgen gerade auf dem Gebiete der Kolonisation unentbehrlich ist. Schon
frühzeitig hatte man die afrikanischen Kolonien zum Ablagerungsort für
zweifelhafte Persönlichkeiten, später sogar zum Verbannungsort für Verbrecher
gemacht. Von Anfang an herrschten hier Untreue und Bestechung; denn jeder wollte
sich für den Aufenthalt in dem ungesunden Lande durch Erwerb von Reichtum
entschädigen. Dabei entnervte ein Leben in zügellosen Ausschweifungen die
höheren und niederen Beamten wie auch die Soldaten. Im politischen Handeln
fehlten System und Prinzip. Bald tritt man grausam und gewalttätig auf, wie man
das in Kriegen mit den Mauren von der Heimat her gewohnt war, bald zahlt man
eingeborenen Häuptlingen Tribut; Gegner werden durch Verrat beseitigt, und
arabische Fürsten spielt man gegeneinander aus. Dabei ist auch hier der
Sklavenhandel unzertrennlich von der portugiesischen Herrschaft. Man betreibt
ihn mit demselben Eifer wie die Araber, überbietet diese aber noch an Rohheit
und Grausamkeit. "Mosambiker" füllen den Sklavenmarkt der Kapstadt
und nirgends hat sich in Ländern, die in den Händen von Europäer, die sich
hier aufhielten, sanken auf die tiefste Stufe, und die Mischlingsrasse, die
entstand, suchte ihresgleichen an Charakterlosigkeit, an Grausamkeit und an
unzüchtigem Leben." (Merensky, Deutsche Arbeit am
Njasa.)
Je mehr Portugals politische Macht verfiel, um so stärker vermehrten sich
die Raub- und Eroberungszüge der Araber, und es konnte eine Zeitlang scheinen,
als solle ganz Ostafrika dem Islam unterworfen werden. Aber nun traten zuerst
die Engländer und dann die Deutschen auf den Plan. Im Jahr 1824 wurde die
Ostküste durch Kapitän Owen vermessen und Mombas unter britischen Schutz
gestellt. Seit durch die Eröffnung des Suezkanals Europa und Ostafrika einander
nähergerückt waren, wurden allmählich die ostafrikanischen Häfen mit Europa
und Südafrika durch regelmäßige Dampferlinien verbunden. 1873 erschien Sir
Bartle Frere mit einer Flotte vor Sansibar und erzwang von dem Sultan das Verbot
des Sklavenhandels. Endlich erschien nach Deutschland, und zwar bei Sansibar,
"dem Tor, durch das der Islam seinen Einzug hielt, dem eigentlichen
Brennpunkt seiner Machtstellung" (Merensky). Am 27. Februar 1885 wurde das
zwischen dem Indischen Ozean und dem Tanganjikasee gelegene Gebiet unter
deutschen Schutz gestellt und dem Sultan von Sansibar der von ihm beanspruchte
Küstenstreifen abgekauft. Die Südgrenze gegen Portugal wurde 1886, die
Nordgrenze gegen England 1890 festgestellt. Die Möglichkeit, den deutschen
Besitz noch weiter ins Innere auszudehnen, ist durch die Verträge
abgeschnitten, aber auch so ist Deutsch - Ostafrika ein wertvoller Besitz, der
in den Gebirgsgegenden (der höchste Berg Afrikas, der Kilima=ndscharo ist auf
deutschem Gebiet) ein gesundes, für deutsche Ansiedlung günstiges Klima
bringt. Die Kolonie wurde anfangs von der Deutsch - Ostafrikanischen
Gesellschaft verwaltet. Diese vermochte aber in den Wirren des Buschiri -
Aufstandes (1889) ihre Herrschaft nicht zu behaupten, und das Reich musste in
den Riß treten. Seither steht das ganze Gebiet unter der unmittelbaren
Verwaltung des Reichs. Die einheimische Bevölkerung besteht, abgesehen von den
schon genannten Suaheli, aus Bantuwölkern (Wasagara, Wagogo, Wanika usw.). Als
Händler halten sich in den Küstenplätzen Inder auf; in allen Handelsplätzen,
auch im Innern, sind Araber als Händler und Pflanzer.
Die ostafrikanische Landschaft bietet manches Eigentümliche und viel
Schönes. In der Mitte des Bildes sieht man einen Affenbrotbaum (Adansonia
digitata), den ein Reisender das Wunder aller Bäume nennt. Er wird
Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende alt, und doch ist sein Holz so weich und
schwammig wie das eines verwitterten Weidenbaums. Der Stamm ist mehr dick als
hoch, hat oft einen riesigen Umfang, teilt sich aber schon in geringer Höhe in
mächtige, lange Äste, welche an Stärke den größten Eichen nichts nachgeben,
aber nur spärliche Zweige tragen. Den größten Teil des Jahres steht es kahl
und dürr, wie abgestorben da, nur mit vielen flaschenartigen Früchten
behangen, deren graubraune Farbe sich eigentümlich vom Weißgrau der Rinde
abhebt. In der Regenzeit aber sprießen, das Geripp des Baums verdeckend, große
handförmige Blätter in fülle hervor, und prachtvolle schneeweiße Blüten
schmücken das großarige Laubgewölbe. Adansonia heißt der Baum nach einem
berühmten Botaniker, Baobab nennen ihn die Eingeborenen Westafrikas; in
Ostafrika trägt er den Namen Mbuju. Woher die Benennung
"Affenbrotbaum" rührt, wissen wir nicht; dass etwa Affen sich von
seinen Früchten nähren, ist nicht der Fall. Die Portugiesen hielten den
anscheinend unsterblichen Baum für geeignet, die Erinnerung an die Taten und an
ihre Gegenwart zu verewigen; sie gruben in seine weiche Rinde Namen und
Jahreszahlen, nach denen man mit Verwunderung das Alter der Bäume schätzt.
Links davon zeigt unser Bild einige Baumwollbäume, die im Wuchs an unsere
Fichten erinnern, aber nur dünn belaubt sich und deren Früchte eine grobe
Baumwolle enthalten, die zum Stopfen von Matratzen verwendbar ist.
Die deutsche Regierung traf in Ostafrika besonders die Aufgabe an, den
Arabern die Herrschaft zu entreißen und die von ihnen unterdrückten,
ausgesogenen, zu Sklaven gemachten Völker zu befreien, dadurch auch die weitere
Verbreitung des Islam aufzuhalten. Dass die Unterdrückung der Araber gelungen
ist, das haben wir besonders der energischen Kriegführung Wißmanns zu
danken. Er sagt in seinem Werk übe die zweite Durchquerung Afrikas:
"Die Schuld des Urhebertums jener Greuel (des Sklavenraubs) trifft ohne
jede Frage den Araber, denn nur durch seine Initiative war es möglich, immer
weiter vorzudringen, immer weiter zu unterjochen, immer weiter zu entvölkern,
und daher muss, wenn man an Abhilfe denkt, wenn man den armen, wehrlosen
Eingeborenen nachhaltig schützen will, das Arabertum in diesen Ländern
ausgerottet werden mit Stumpf und Stiel, bevor es eine Macht erreicht, der wir
Europäer des feindlichen Klimas und der Entfernung wegen nicht mehr gewachsen
sind. Es war hohe Zeit, dass schärfer vorgegangen wurde gegen diese
afrikanische Pest, und mir speziell gewährte es eine hohe Genugtuung, daß ich
berufen war, beim Niederschlagen des Aufstandes der Araber in Ostafrika an der
Küste, von der aus die Hauptanregung zu den beschriebenen Greueln ausgeht, den
empfindlichsten Schlag zu führen."
Ein Stützpunkt für die deutsche Macht wurde die Anfang der neunziger Jahre
durch Wißmann am Nordende des Tanganjikasees gegründete Militärstation
Langenburg, während der auf den Tanganjikasee gebrachte Dampfer "H. von
Wißmann" den Verkehr erleichterte. Wißmann hatte hier nicht nur mit den
Arabern zu kämpfen, sondern auch mit gewalttätigen und räuberischen
Eingeborenen (z.B. den Babembe), die schwächere Stämme unterdrückten und
ausplünderten. Die deutsch Regierung hat auch in Deutsch - Ostafrika en reiches
Feld der Tätigkeit, und man sieht in vielem ihren segensreichen Einfluss. Der
Sitz der Regierung ist Dar-es-Salaam (10 000 Einw.), das den besten Hafen
besitzt, aber an Einwohnerzahl von Bagamojo (13 000 Einw.) übertroffen wird. In
diesen beiden Städten und in Tanga sind Regierungsschulen. Auf dem Viktoria-,
dem Njassa- und dem Tanganjikasee sowie auf dem Kusidschifluß verkehren
Dampfer. Eine Zentralbahn von Dar-es-Salaam zum Tanganjika- und Viktoriasee ist
in Angriff genommen. Für Verbesserung der Wege ist viel getan worden und
regelmäßige Postverbindungen (durch Botenposten) zwischen den Stationen
hergestellt. Es ist recht und billig, dass die Eingeborenen für den Schutz, den
sie genießen, auch eine Steuer zahlen. Es ist deshalb eine Hüttensteuer
eingeführt worden und eine regelmäßige Postverbindung (durch Botenposten)
zwischen den Stationen hergestellt. Es ist recht und billig, dass die
Eingeborenen für den Schutz, den sie genießen auch eine Steuer zahlen. Es ist
deshalb eine Hüttensteuer eingeführt, durch welche die Leute zu Verdienst
bringenden Arbeit genötigt werden und zugleich die Vielweiberei besteuert wird,
da ein Mann jeder seiner Frauen eine eigene Hütte anzuweisen pflegt. Bleibt
auch manches zu wünschen übrig, so ist doch im ganzen die deutsche Herrschaft gewiss
ein Segen fürs Land.
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